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Schallplatten-Reinigung - Der Sinnersche Kreis

Der Sinnersche Kreis - die vier Faktoren einer guten Schallplatten-Reinigung: Chemie, Mechanik, Temperatur und Zeit

Der Sinnersche Kreis - Wie die Plattenwäsche optimiert werden kann

Engagierte Schallplattenfreunde reinigen ihre LPs üblicherweise mit einer Plattenwaschmaschine oder einem Handreinigungsgerät wie Knosti & Co. und das funktioniert schon seit langer Zeit in bewährter Manier. Wozu also daran etwas ändern? Muss man da eine Wissenschaft draus machen? Muss man nicht. Doch wer sich einmal mit dem Thema auseinandersetzt, könnte vielleicht Möglichkeiten finden, seine Plattenwäsche zu optimieren. Dieser Bericht ist also eher ein Denkanstoß als die ultimative Lösung. Ich habe hierzu einen für mich selbst spannenden Versuch unternommen, mit verblüffenden Ergebnissen.

Was bedeutet der Sinnerscher Kreis?

Der Wirkmechanismus des Sinnerschen Kreises: 1. Chemie 2. Mechanik 3. Temperatur 4. Zeit

Ohne hier zu sehr in die Theorie zu verfallen, es wirken bei jeder guten Reinigung vier verschiedene Parameter zusammen:

 

1. Chemie

2. Mechanik

3. Temperatur

4. Zeit

 

Übersetzt auf unsere Schallplattenwäsche bedeutet das:

 

Als Chemie verwenden wir die Reinigungsflüssigkeit, eine Mixtur aus destilliertem Wasser und Alkohol, gepaart mit einem Schuss Netzmittel. 

Die Mechanik wäre bei der Maschine einmal die Drehung der LP, dann der Kontakt mit den Samtlippen, den Bürsten oder der Punktabsaugung und schließlich der Unterdruck bei der Absaugung. Letztere entfällt bei der Handwäsche.

Die Temperatur der Reinigungsflüssigkeit, die den wesentlichen Kontakt zum Vinyl hat, ist ein weiteres Kriterium.

Und das Letzte ist dann noch die Zeit, wie lange die Platte mit der Flüssigkeit benetzt ist bzw. in einem Reinigungsbad verweilt.

 

Das scheint jetzt alles mal nichts Besonderes zu sein, nichts Neues. Doch jetzt kommt der Sinnerscher Kreis ins Spiel. Alle vier Parameter wirken nur zusammen erfolgreich und zwar im richtigen Mix. Nimmt man einen Faktor heraus, funktioniert die Reinigung nicht mehr. Oder: mindert man einen dieser Parameter, so muss einer der anderen größer werden.

 

Das Experiment

Um zu verstehen, wo der Ansatz zu einer Verbesserung verborgen ist, habe ich einige Experimente gemacht. Denn man könnte z.B. auf die Idee kommen, weniger Alkohol zu nehmen - einmal um die Umwelt und auch das Vinyl zu schonen, zugleich aber auch ein wenig Geld zu sparen. Nur, nimmt man weniger Alkohol, muss einer der anderen Parameter einen größeren Einfluss bekommen. Im Fall unserer Plattenwaschmaschine ist der Faktor Mechanik meist fest und kann kaum verändert werden. Bleibt also die Zeit oder die Temperatur. Beide Varianten habe ich untersucht.

 

Getestet wurde zunächst mit der Clearaudio Double Matrix Professional Sonic. Die Reinigungsflüssigkeit: Doppelt destilliertes Wasser, Isopropylalkohol und Mirasol-Netzmittel. Die LPs wurden zuerst normal gewaschen, dann gezielt mit Fettfinger (Salatöl, Butter) und Staub vom Teppich malträtiert. 

Zu sehen sind der Streifen mit Salatöl und drei Flecken mit Butter.

Test 1: Normale vs höhere Temperatur

Als erstes wurde die verschmutzte LP mit ca. 19°C temperiertem reinen Wasser und etwas Netzmittel, also ohne Alkohol mit der Clearaudio gewaschen. Der Test scheiterte! Und zwar deshalb, weil die LP wider Erwarten trotz kalten Wasser bereits sauber war!

Öl- und Butterfett-Flecken auf der Schallplatte vor der Reinigung
Foto 1: Schallplatte vor der Kaltreinigung

Die LP wurde also abermals mit Staub und Fettflecken, bestehend aus einem Ölstreifen und drei Fingertapper mit Butterfett verschmutzt (Foto 1).

Die Flecken sind nach der Reinigung mit kaltem Wasser noch als Schmierfilm zu sehen
Foto 2: Schallplatte nach der Kaltreinigung

Also habe ich den gleichen Test mit einer Okki Nokki One wiederholt. Der Einweich-Vorgang dauerte jeweils drei Umdrehung links und drei rechts (Zeit ca. 25 sec.) und ebenfalls dreimal links und rechts abgesaugt (Zeit auch ca. 25sec) plus etwa 5 sec. ohne Absaugung auslaufen. 

Die LP war weitgehend trocken (Foto 2). Nun aber zeigten sich doch noch gut erkennbare Flecken an den zuvor verunreinigten Stellen. Und zwar mit einem Schmiereffekt, durch den die Fettfilme von Öl und Butter ineinander übergingen und sich auf der LP verteilten.

Öl- und Butterfett-Flecken vor der Plattenwäsche mit warmer Reinigungsflüssigkeit
Foto 3: Schallplatte vor der Warmreinigung

Nach einer weiteren Grundreinigung mit der üblichen Wasser-Isopropylalkohol-Netzmittel-Mischung wurde die LP wieder mit den oben erwähnten Schmutz behandelt (Foto 3).

Eine optisch saubere Schallplatte nach der Wäsche mit warmer Reinigungsflüssigkeit
Foto 4: Schallplatte nach der Warmreinigung

Nun folgte der nächste Test mit gleichem Zeitablauf und der selben Wasser-Mischung, die nun jedoch auf rund 37°C erwärmt wurde (auf unserem kuscheligen Kachel-Ofen). Und siehe da, die LP ist optisch nahezu perfekt sauber, nur minimale Wischer sind erkennbar (Foto 4). Dies ist allerdings der kleine, aber klare Hinweis, dass es bei einem Fettfilm nicht ganz ohne Alkohol geht.

Test 2: Normale vs längere Einwirkzeit

Flecken auf der Schallplatte vor der Wäsche mit längerer Einwirkzeit der Reinigungsflüssigkeit
Foto 5: Vor der Wäsche mit längerer Einwirkzeit

Der zweite Test soll herausfinden, ob der nun wieder ca. 20°C temperierte Wasser/Netzmittel-Mix in der Lage ist, bei längerer Einwirkzeit als oben (knapp 1min.) ein anderes Ergebnis bringt. Das Auftragen und Verteilen der Flüssigkeit mit der Bürste dauerte etwa etwa 1min., noch eine weitere Minute konnte sie ohne Bürste einwirken, ehe dann die LP wieder etwa 25 sec. lang abgesaugt wurde (Gesamtdauer also rund 2 min. 25 sec.), siehe Foto 5.

Saubere Schallplatte nach der Wäsche mit längerer Einwirkzeit
Foto 6: Nach der Wäsche mit längerer Einwirkzeit

Das Ergebnis (Foto 6) war nun fast zu erwarten: die LP wirkt auf den ersten Blick sauber. Bei genauem Hinsehen konnte man jedoch noch leichte Schlieren erkennen, minimal besser als im Test 1 mit der erwärmten Flüssigkeit.

Fazit

Die höhere Temperatur der Reinigungsflüssigkeit erreicht bereits ein deutlich erkennbar besseres Ergebnis. Auch eine längere Wirkzeit auf der Schallplatte wirkt sich positiv aus. Würde man beide Varianten verbinden und vielleicht noch eine geringe Menge Isopropyl beimischen, wäre das Ergebnis perfekt. 

 

Um wieder auf das Prinzip des Sinnerschen Kreis zu kommen: er wirkt! Durch Verringern der Alkoholmenge bei gleichzeitigem Erhöhen von Zeit oder Temperatur konnten etwa gleich gute Ergebnisse erzielt werden.

 

Diese beiden simplen Test sind keineswegs ultimativ, sondern dienen einzig und alleine der Anregung, durch eigene Experimente und Erfahrungen womöglich die bisherigen Reinigungsergebnisse noch zu verbessern.

Viel Spaß beim Entdecken und Ausprobieren!